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Oster-Schnipsel Teil 1

Heute vor über 2000 Jahren wurde ein Mann von einem wütenden Mob unschuldig zum Tode verurteilt.

Tom und Jojo, die Helden aus Jabando, haben diesen Moment miterlebt und waren zutiefst geschockt. Warum ist dieses Ereignis in einem Kinderbuch? Ganz einfach: Weil meine Kinder es so wollten.
Der Tod Jesu stellvertretend für unsere Fehler ist das Unglaublichste am Glauben.
Willkommen im Palast des Pontius Pilatus:

 

Dicht gedrängt standen die Menschen im Hof des Palastes von Pontius Pilatus. Er war der mächtigste Römer in Jerusalem und überall in der Menge wunderte man sich darüber, dass er Jesus zu Herodes geschickt hatte. Herodes war für die Provinz zuständig, aus der Jesus kam, aber er hatte längst nicht so viel zu sagen wie Pilatus. Schon bald hatten sich Joel, Miriam und die Kinder einer Gruppe von Freunden angeschlossen, die ihnen mit ängstlichen Gesichtern erzählten, was sie gehört hatten. Jesus war von einem seiner eigenen Leute verraten worden. Die Wachen hatten ihn in der Nacht noch abgeführt und ihn bei Tagesanbruch zu Pilatus gebracht, damit der ihn zum Tode verurteilen sollte. Es schnürte Jojo die Kehle zu, als er das hörte. Unwillkürlich griff er nach Toms Hand. Normalerweise fand Tom so etwas nervig, aber jetzt war er froh darüber, seinem Bruder nahe zu sein. Angespannt hörten sie, dass Pilatus Jesus nicht zum Tode verurteilen wollte, weil er keinen vernünftigen Grund dafür erkennen konnte.

 

Plötzlich ging ein Raunen durch die Menge und in einem offenen Gang in der oberen Etage des Palastes erschienen einige Männer. Römische Wachmänner waren dabei, die Jesus zwischen sich festhielten. Ein anderer Mann ergriff das Wort, während Joel den Kindern zuflüsterte, dass dieser Pontius Pilatus sei.

 

„Ihr habt diesen Mann zu mir gebracht und ihn beschuldigt, dass er die Menschen aufhetzt. Nun, ich habe ihn verhört und bin zu dem Urteil gekommen: Dieser Mann ist in allen Anklagepunkten unschuldig! Herodes ist zum selben Urteil gekommen. Deswegen hat er ihn hierher zurückgeschickt. Es ist offensichtlich, dass der Angeklagte nichts getan hat, was mit dem Tod bestraft werden müsste. Ich werde ihn auspeitschen lassen, dann soll er frei sein.“

 

Ein Sturm der Entrüstung brach los. Wie aus einem Mund schrie die Menge: „Weg mit ihm! Lass Barabbas frei!“

 

Die Gruppe von Freunden sah sich entsetzt um, während sich die Kinder eng an die Erwachsenen drängten. Es war beängstigend, mit welchem Hass die Menschen um sie herum brüllten. Miriam sah Joel hilfesuchend an.

 

„Wieso denn Barabbas? Er ist ein Mörder! Warum wollen sie den denn frei haben?“

 

Joel schüttelte den Kopf.

 

„Die sind alle wahnsinnig geworden. Aber sieh dir Pilatus an. Er wird es nicht tun!“

 

Tatsächlich, Pilatus hob die Hände, weil er etwas sagen wollte und die Menge wurde wieder leiser. Doch als sie merkten, dass er noch einmal versuchte, sie umzustimmen, schrien sie nur noch lauter: „Ans Kreuz! Ans Kreuz mit ihm!“

 

Pilatus versuchte es zum dritten Mal.

 

„Was für ein Verbrechen hat er denn begangen? Ich finde nichts, worauf die Todesstrafe steht! Ich werde ihn also auspeitschen lassen. Dann soll er frei sein.“

 

Er war kaum zu verstehen über den Lärm der aufgebrachten Menge, die nicht locker ließ und immer lauter brüllte: „Kreuzige ihn!“, bis Pilatus ihrem Schreien nachgab und beschloss, ihre Forderung zu erfüllen. Barabbas ließ er frei, den Mann, der wegen Aufruhr und Mordes im Gefängnis saß. Jesus aber verurteilte er zum Tod am Kreuz, wie sie es gefordert hatten.

 

„Nein!“ rief Miriam entsetzt. Die Freunde wandten sich ihr zu, aber in ihren Gesichtern stand die gleiche ungläubige Verzweiflung.

 

„Bring die Kinder hier weg!“ rief Joel Miriam zu, als er das Urteil hörte. Miriam packte Samuel und Tom an der Hand und zog sie hinter sich her. Benjamin hielt sich an Samuel fest und Jojo hatte noch immer Toms Hand umklammert – so fest, dass es Tom schon wehtat. Aber er sagte nichts. Er war zutiefst schockiert. Da stand ein Mann, ein Herrscher, der sich sicher war, dass Jesus unschuldig war und trotzdem verurteilte er ihn zum Tod! Das konnte doch nicht sein! Wut stieg in ihm hoch, eine wilde, ohnmächtige Wut über eine so abgrundtiefe Ungerechtigkeit.

 

„Den sollte man erschießen, diesen Pilatus“, murmelte er vor sich hin, während ihm Tränen in die Augen schossen. Jesus hatte schrecklich ausgesehen, als wäre er verprügelt worden. Aber er hatte nichts getan, um sich zu verteidigen oder sich zu befreien. Gar nichts. Dann stimmten diese ganzen Geschichten mit Gott wohl doch nicht. Kein Gott, der so viel Macht hatte, eine ganze Welt zu erschaffen würde es dulden, dass ein Freund von ihm so ungerecht behandelt wurde. Tom spürte eine tiefe Enttäuschung. Ihm wurde plötzlich bewusst, dass er sich sehr gewünscht hatte es wäre wahr, was Miriam erzählt hatte.

 

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