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Computerspiele - Gefahr oder Chance?

Bei vielen Christen, die ich kenne, herrscht große Skepsis gegenüber den modernen Medien. Die Gefahren von zu viel Zeit am Bildschirm sind real und auch ich kämpfe als Mutter von zwei Zockern damit, das richtige Maß zu finden, was mir vermutlich nicht gelingt.

Was mir auch immer wieder begegnet ist, dass die Bildschirmzeit - egal ob Fernsehen, Computer oder Spielkonsole - als Druckmittel oder Belohnung benutzt wird. Wenn du deine Hausaufgaben machst, dein Zimmer auf- oder die Spülmaschine ausräumst, dann darfst du eine halbe Stunde zocken. Oder anders herum, wenn du deine Aufgaben nicht erledigst, kriegst du Medienverbot. Jeder tut das. Auch ich habe das schon getan. Aber ich frage mich, was wir unseren Kindern damit eigentlich vermitteln.

Diese Spiele sind den Kindern wichtig. Sie sind davon begeistert und freuen sich, wenn sie sie spielen dürfen. Sie tauschen sich mit ihren Freunden darüber aus. Sie sammeln Informationen, lernen Namen und Tricks auswendig, bleiben immer auf dem neuesten Stand.

Uns Eltern sind andere Dinge wichtig, der Glaube zum Beispiel. Wir sind davon begeistert und freuen uns, wenn wir in die Kirche gehen dürfen. Wir tauschen uns mit unseren Freunden darüber aus. Wir sammeln Informationen, lernen Bibelverse und Lieder auswendig, bleiben immer auf dem neuesten Stand.

Und wir stellen uns hin und verurteilen die Leidenschaft unserer Kinder als falsch, gefährlich, schädlich und unnütz. Wir bewerten ihre Leidenschaft als etwas, das man nur ausleben darf, wenn alles andere erledigt ist. Was tun wir ihnen damit an?

Letztendlich sagen wir ihnen damit doch: Das, was du da toll findest, ist Mist. Du musst das toll finden, was ich toll finde.

Meiner bescheidenen Meinung nach funktioniert das nicht. Ich kann von meinen Kindern nicht erwarten, dass sie etwas von mir annehmen, wenn ich ihre Begeisterung nicht wertschätze.

Nein, ich finde Pokemon nicht toll. Ich finde das vollkommen idiotisch. Aber mein Sohn steht total drauf. Wenn er so Vokabeln lernen würde, wie er Pokemon Namen lernt, wäre das der Kracher. Was mache ich jetzt? Verbieten? Ihm sagen, das ist doof? Er wird es trotzdem toll finden, aber es mir vermutlich nicht mehr sagen. Damit habe ich nichts gewonnen.

Ich kann ihm aber sagen, dass ich seine Begeisterung zwar nicht teile, aber mich trotzdem für ihn interessiere. Mir die Bilder ansehen, die er malt. Mir seine Geschichten anhören, wie er mit seinem Nintendo wieder ein seltenes, legendäres Pokemon gefangen hat. Ich kann ihm Spielzeiten erlauben, ohne dass er sich die mit irgendwas verdienen muss. Ich kann ihn in seiner Leidenschaft ernst nehmen.

Wenn ich dann mit etwas um die Kurve komme, was mich begeistert, wovon ich ihm gern etwas erzählen und vermitteln möchte, sind die Chancen, dass er mir zuhört, wesentlich größer. Wenn ich mit ihm im Gespräch bleibe und seine Leidenschaft stehen lasse, kann ich auch meine Bedenken äußern. Kann ihm erklären, was mich stört.

Es ist richtig, dass Kinder keine Erwachsenen sind und nicht alles erklärt haben müssen. Es ist auch richtig, dass Kinder Anleitung brauchen, weil sie für sich selbst nicht unbedingt immer die besten Entscheidungen treffen.

Aber es ist falsch, ihre Begeisterung einfach im Keim ersticken zu wollen oder sie nur als Druckmittel zu verwenden.

Eins der schönsten Erlebnisse meines älteren Sohnes (der Pokemon auch ziemlich albern findet, dafür aber endlos Minecraft spielen kann)? Meine Eltern haben mit mir im Mehrspielermodus Minecraft gespielt. Es bedeutet ihm unglaublich viel, weil er wirklich hart darum kämpfen musste, überhaupt Minecraft spielen zu dürfen. Er hat uns sozusagen bekehrt. Ich war anfangs völlig dagegen. Bis ich mich näher damit beschäftigt habe und gesehen habe, mit was für einer unglaublichen Geduld und Kreativität er wirklich tolle Sachen gebaut hat. Welche Programmierkenntnisse er sich angeeignet hat. Wie er dabei Englisch lernt. Wie er an Problemlösungen heran geht.

Und mein kleiner Pokemon-Fan? Der lernt über die Pokemon-Schiene gerade zeichnen. Wo er anfangs noch Bilder ausgemalt hat, kreiert er inzwischen schon eigene Pokemon und entdeckt Stück für Stück sein Zeichentalent.

Ich bin froh, dass ich diese Begeisterung ernst genommen und nicht unterdrückt habe.

P.S.: Bei uns herrscht absolutes Verbot von gewaltverherrlichenden Spielen mit realistischen Grafiken. Das haben unsere Kinder problemlos nachvollziehen können. Zum Glück haben sie da auch kein Interesse dran.

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